Notfälle - kurz
Sehr geehrter Besucher,
lieber Arztkollege, Zahnarzt, Medizinstudent,
Dr. Gero Winkelmann nimmt als hauptberuflicher Bereitschafts- und Vertretungsarzt und ehemaliger Notarzt Stellung zu den - leider! - berechtigten Vorwürfen an der qualitativ schlechten Versorgung von Notfallpatienten in (bayerischen) Arztpraxen.
Bloßes Ärzte-Bashing und Verweisen auf die ärztliche Beufsordnung und alle möglichen Fortbildungskurse bleiben jedoch unbefriedigend.
Es muß eine organisatorisch bessere Lösung gefunden werden, um die Notfallversorgung in den Praxen zu verbessern.
Vielleicht ist die Benennung einer 'Fachkraft für Notfallsituationen' in jeder Praxis eine Lösung.
Das Problem
Am So, 2-11-2014 kam in Bayern 5-aktuell-Radio ('Funkstreifzug') eine interessante Reportage über katastrophale Notfallversorgung oder versäumte Reanimationen in bayerischen Arztpraxen und die daraus resultierenden Schädigungen von Patienten.
- Anhand von Beispielen in NÜRNBERG und bei einer Frau, die seit 5 Jahren im Wachkoma liegt, nachdem ihr bei einer Spritzenbehandlung in einer orthopädischen Praxis bei einem Kreislaufstillstand nicht sachgerecht geholfen worden war.
Man hatte einfach auf 'den Notarzt' vertraut (der bald eintreffen sollte) und wertvolle Zeit und sofortige Maßnahmen in der Arztpraxis verschlafen oder aus Unfähigkeit verpasst.
Info: http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/der-funkstreifzug/notfall-arzt-hilflos-100.html
Anfrage an Ärzte
Am 2.11.2014 schreibt Dr. Winkelmann an alle seine Kollegen:
Liebe Arztkollegen vom Bereitschaftsdienst, Notarztdienst, Hartmannbund, Vertretungsärzte,
meine sehr verehrten Kollegen Praxisinhaber und Kunden und Auftraggeber für ärztliche Vertretungen,
sehr geehrte Funktions- und Verantwortungsträger,
wie stehen Sie zum am heutigen Sonntag aufgetauchten Thema "Kritik an der schlimmen Qualität der Reanimation in ARZTPRAXEN"?
Und wie könnte man die Situation verbessern?
Meine Erfahrung als Vertretungsarzt und ehemaliger Notarzt (Waldkraiburg, Neustadt-Donau) sieht ebenso traurig aus:
- Tatsächlich sieht es nicht gut aus in den Praxen!
(Butterfly-Kanüle statt Viggo;
kein Buscopan vorhanden bei Nierenkolik,
kein Verbleiben des Hausarztes am Notfallort)
- Schlechte Notfallkoffer,
- der Vertretungsarzt wird vom Personal oft nicht informiert über Notfallplan und -Koffer in jener Praxis.
- Im Praxisalltag taucht das Thema "NOTFALL" total unter! (Beim Chef und den Mitarbeitern).
Es ist nicht 'in', quasi eine Majestätsbeleidung des Chefs.
Fragen an die Arztkollegen
Fragen an Sie: 1) - Haben Sie selber konkrete negative Erfahrungen in der Arztpraxis gemacht?
Woran haben die Fehler damals gelegen?
2) Statt bloßes 'Ärzte-Bashing' und Abladen von Verantwortung auf die Arztkollegen (interessanterweise auch in Kliniken…!):
Was könnte man organisatorisch tun?
Eine besondere Situation
Und folgende Situation sollten wir beachten:
1) - Auch in den KLINIKEN gibt es spezielle Reanimations-Teams!
(- Kürzlich in der Nothilfestation des Krhs. MUC-Neuperlach fiel mir ein blauer Notfallknopf 'Reanimation' in jedem Zimmer auf!
- Sogar im Aufzug von Kliniken ist eine spezielle klinikinterne Notrufnummer angegeben, wo das Personal sofort Hilfe rufen kann.)
2) - Die besten Notfallkurse machen aus einem Orthopäden keinen Anästhiesten und Notfallmediziner!
- Auch ich damals als hausärztlicher Notarzt habe bei 2 Notarzttagen im Monat jährlich nur 1-2 Reainmationen erlebt, konnte also nie so erfahren und gut sein, wie meine Klinikkollegen / Anästhesisten,
3) - Die Mitarbeiter (ärztliche Fachangestellte) bringen kaum Eigeninitiative und belassen alles so und widmen sich dem Praxisstreß und lassen somit den praxis-therapeutisch begnadeten Chef in der Notfallorganisation alleine, weil ebenso überfordert und am Thema desinteressiert.
(Synonym:
Wieviele Bürger auf der Straße helfen bei einem Notfall beherzt mit??)
Verbesserungsvorschläge I.
Mein Vorschlag, bevor man die Praxisärzte weiter an den Pranger stellt und sich bloß auf 'das Berufsrecht' und den 'guten Willen' zurückzieht:
- Medikamenten- und Geräteliste für den Notfall für jede Praxis verbindlich vorschreiben,
- incl. Halbjährliche Prüfung auf Vollständigkeit und evtl. Reinigung + Funktionsprüfung,
- incl. Notfallplan + verpflichtende Besprechung für alle ÄRZTE + Mitarbeiter,
- im Praxisteam eine Fachkraft / Beauftragte für Notfall und Reanimation in dieser Praxis benennen und schulen, nicht alles dem armen Doktor aufladen.
Das Ganze soll nichts mit erneuten Kosten und Umständlichkeiten zu tun haben!
Qualitätssicherung - ja bitte und ganz einfach!
Vorschläge II (für Vertretungsärzte)
Pikante Frage: Wie sollen wir VERTRETUNGSÄRZTE (Notdienst, Praxis) uns verhalten? Sind wir in dieser Zeit voll verantwortlkich für das - bisher nicht existierende Notfallmanagement dieser Praxis? 'Besserwisser' sein und den erkrankten / abwesenden Chef und sein Personal gleich mit Sonderwünschen stressen, z.B. am 1. Arbeitstag einer Vertretung, an dem es schon an sich nicht leicht für alle ist? Dr. Winkelmann hat in seinem Vertretungsvertrag den Passus: 1) … Er hält sich an die gewohnten Praxis-, Sprechstunden- und Besuchszeiten und, soweit ärztlich, kassenrechtlich und abrechnungstechnisch vereinbar, an die Behandlungs- und Verordnungsgewohnheiten der Praxis. - 2) Er ist den Praxismitarbeitern gegenüber weisungsbefugt und in seinen ärztlichen Entscheidungen frei von Weisungen Dritter.
3) Haftung: Den Vertretungsarzt trifft kein Organisationsverschulden, d.h. er haftet nicht für organisatorische Mängel der Praxis, die er primär nicht zu verantworten hat:
(z.B. Sicherheit von Wegen, Geräten und Instrumenten;
Datenschutz, Diebstahl in der Praxis,
Kompetenzen der Mitarbeiter,
Praxisablauf und Hygiene, technische Defekte, etc.).
Abschluß des Briefes ...
Gerne höre ich von Ihnen.
Danke für Ihre Beiträge, Tipps, hilfreiche Links zum Thema
Auf meiner Website habe ich eine eigene Site eingerichtet.
Sollen wir Hartmannbund-Vertretungsärzte Bayern ein offizielles Statement mit Vorschlägen abgeben?
Danke auch für die Weiterleitung an interessierte Fachleute!
Vielen Dank + freundliche Grüße aus München
Ihr
Dr.(I) Gero Winkelmann
Prakt. Arzt,
Ermächtigter Bereitschaftsarzt
Reaktionen aus dem Kollegenkreis:
Hier sollen hilfreiche Verbesserungsvorschläge aus dem Kollegenkreis veröffentlicht werden: